Die Liebenden vom Moosbachtal


Der junge Ritter Walter von Than tötete auf der Jagd ohne Absicht einen Mann aus dem Geschlecht derer von Sick. Voll tiefer Reue suchte er dessen Bruder Kunz von Sick auf und bot ihm gemäß geltenden Rechts eine Geldbuße oder ein Gottesurteil an. Dieser lehnte das Angebot jedoch brüsk ab und sann auf Rache.

Weiher im Moosbachtal  © ds (IPP)

Als Walter von Than einige Tage später durch den wilden Wald ritt, sirrte ein Pfeil durch das Dickicht. Aber das Geschoß verfehlte den jungen Mann und blieb federnd im Stamm einer mächtigen alten Buche stecken. Der Ritter nahm den Pfeil und brachte ihn zur Burg der Herren von Sick. Dort fand gerade ein Festmahl zu Ehren des getöteten Verwandten. Walter von Than überreichte den Pfeil seinem Besitzer so ritterlich und würdevoll, das der Hausherr Kunz von Sick seine feige Rache von ganzem Herzen bereute und ihn einlud, an seiner Tafel Platz zu nehmen. Das Schicksal wollte es, dass sich Walter neben Schoneta, der Tochter des Hauses setzte. Beide verliebten sich auf der Stelle ineinander und noch bevor der Abend anbrach, hielt Walter von Than um die Hand des schönen Mädchens an. Kunz von Sick, nun vollends versöhnt, willigte ein und segnete das junge Glück. Zum Gedenken an diese Begebenheit gab er ferner den Befehl, das Wappen derer von Sick mit einem Pfeil zu schmücken.

Seerose (Nymphaea)  © ds (IPP)

Im Volke jedoch erzählt man sich, dass die Brautleute noch in derselben Nacht heimlich die Burg verließen, um fern von aller Augen ungestört sein zu können. Gemeinsam wanderten sie durch das stille Moosbachtal, bis sie schließlich an einen mit Seerosen geschmückten Weiher kamen. Dort saßen sie lange Zeit Hand in Hand auf einem mächtigen Baumstumpf, blickten über das Wasser und schworen sich ewige Lieb und Treue. Noch heute in klaren silbrigen Vollmondnächten, wenn die Seerosen in voller Blüte stehen, kann nicht nur den Gesang der Nachtigallen hören, sondern auch das Flüstern und Lachen der beiden Liebenden.

14.03.2021 (ds)