Bericht zur Kerosin-Studie des Umweltbundesamtes


Eigentlich sollten die Ergebnisse der Studie über die Auswirkung von Treibstoffablässen bereits auf der 91. Umweltministerkonferenz am 09.11.2018 in Bremen präsentiert werden. Aber Anfang Oktober 2018 wurde bekannt, dass sich die Fertigstellung der Studie verzögert. Als Grund wurden unter anderem Mangel an aussagekräftigen Daten genannt. Das ist nicht verwunderlich, da es sich bei dieser Studie um eine Meta-Studie handelt, also lediglich um eine Neubewertung bereits bestehender Studien und Daten, die darüber hinaus mehrere Jahrzehnte alt sind!

So kann man in der Zeitung „Pfälzischer Merkur vom 7.11.2018“ zum Beispiel folgendes lesen:

„Wir haben erwartet, dass die Literatursichtung ergiebiger ist. Aber wir haben jetzt den Eindruck, dass auf diesem Gebiet seit über 20 Jahren nichts gemacht worden ist und bestimmte technische Entwicklungen gar nicht berücksichtigt wurden“, erklärte Mönch. Man müsse gründlicher ran. Außerdem fehle generell Literatur zu entscheidenden Fragen, es müssten also „Hausmeinungen“ ins Gutachten einfließen.“

Nun wurde die Studie zur 92. Umweltministerkonferenz immer noch nicht offiziell abgeschlossen, aber das Umweltbundesamt hat am 08.05.2019 diesen Bericht dazu veröffentlicht:

Treibstoffschnellablass aus Luftfahrzeugen: Wirkungen auf Umwelt und Gesundheit.

Wir begrüßen, dass mit dem Bericht des Umweltbundesamtes nun endlich eine aktuelle behördliche Bewertung zu diesem Thema vorliegt. Grundlage ist eine komplexe physikalisch-chemisch-meteorologische Modellrechnung unter Nutzung früherer Untersuchungen für maximal ungünstige Situationen sowie eine Mittelung über 7 Ablass-Ereignisse 2017 in Rheinland-Pfalz. Die daraus abgeschätzten Immissionswerte in Bodennähe (also „was kommt/kam unten an“) wurden mit heute gültigen Schadstoff-Grenzwerten verglichen. Für alle betrachteten Szenarien und Schadstoffe kommt die Studie zum Ergebnis: unkritisch! Grund ist jeweils die starke Verdünnung der in die Atmosphäre abgelassenen Stoffe bis diese in Bodennähe gelangen. Mögliche Einflüsse von Regen und Nebel werden bei der Modellierung überhaupt nicht berücksichtigt, obwohl die Annahme, dass in diesem Falle mehr Kerosin am Boden ankommt als vom Rechenmodell vorhergesagt, sehr plausibel ist. Trotz der lückenhaften Datenbasis, wird aus Modellrechnungen, die ohne jegliche praktische Überprüfung bleiben, das folgende Fazit gezogen:

„Die Modellierungen der am Boden ankommenden Kerosinrückstände und die umwelttoxikologischen Untersuchungen des UBA und seiner Auftragnehmer ergaben nach derzeitigem Wissensstand keine kritischen Umweltauswirkungen von Treibstoffschnellablässen auf Boden, Grundwasser, Luft und menschliche Gesundheit.
Die Entscheidung, ob ein Treibstoffschnellablass durchgeführt wird, liegt einzig und allein beim Luftfahrzeugkommandant. Die Entscheidung über das zugewiesene Ablassgebiet liegt hingegen bei der Flugsicherung. Zur Vermeidung von Summationswirkungen wäre es daher aus dem Vorsorgeprinzip heraus sinnvoll, eine Vorschrift zu möglichst alternierenden Ablassgebieten in die Betriebsanweisung BA-FVD 665.2 aufzunehmen.“

Theoretische Betrachtungen auf Basis über 20 Jahre alter Studien genügen uns nicht! Daher fordern wir: Nach jedem Treibstoffablass, auch aus Militärflugzeugen, anhand der aktuellen meteorologischen Daten die wahrscheinlich höchstbelasteten Gebiete zeitnah mit einem Messfahrzeug anzufahren, dort die Schadstoffkonzentrationen in Bodennähe zu ermitteln, sowie nach einigen Stunden und Tagen jeweils Proben der Vegetation und des Bodens auf Schadstoffe zu untersuchen. Die heutigen Analysemethoden sind hochempfindlich. Nach Großbränden und Explosionen überwacht man auf ähnliche Weise die Umgebung. Man muss natürlich wissen, wonach zu suchen ist. Die Zusammensetzung der heute üblichen Flugtreibstoffe, auch der militärischen, einschließlich ihrer Additive, muss daher zumindest den Behörden uneingeschränkt zur Verfügung stehen.

Die mögliche Bedeutung von Benzol wurde in der UBA-Studie nicht betrachtet, was geboten wäre denn: Benzol ist krebserregend und im Zehntel Prozent-Bereich im Treibstoff enthalten; auch davon kommt etwas am Boden an. Die abgelassenen Stoffe werden in der Atmosphäre und am/im Boden weitgehend abgebaut; dabei entstehen allerdings auch toxische Zwischenprodukte. Einige Stoffe können sich auch in der Vegetation und im Boden anreichern. Das muss jeweils in Langzeitstudien untersucht werden und diese ebenfalls veröffentlicht. Die Bevölkerung muss nach jedem Ablass-Ereignis, militärische eingeschlossen, zeitnah unterrichtet und über Risiken vorbehaltslos aufgeklärt werden, gegebenenfalls müssen Aufenthalts- und Nutzungs-Beschränkungen angeordnet werden.

Wir halten also fest: Die soeben veröffentlichte UBA-Studie ergab, dass gemäß derzeitigem, noch ungenügendem Wissensstand nach Treibstoffablässen keine Alarmstimmung aufkommen sollte. Entwarnung bezüglich möglicher Folgen früherer und zukünftiger Ablässe kann jedoch nicht gegeben werden! Grundsätzlich sind Landungen mit Übergewicht zu bevorzugen, Ablässe von Flugtreibstoff zu vermeiden – auch wenn daraus erhöhte Folgekosten für die Fluggesellschaften entstehen!

05/2019