Kerosinablass – Nein Danke!

Das Ablassen von Kerosin, das sogenannte „Fuel Dumping“, benutzt man bei einigen zivilen und militärischen Flugzeugen zur Reduzierung des Landegewichts, wenn ein Flugzeug kurz nach dem Start wegen eines Notfalls wieder landen muss. Rheinland-Pfalz ist am häufigsten von dieser Praxis betroffen und besonders oft trifft es den Pfälzerwald.

Warum das so ist, versuchte DFS-Sprecherin Kristina Kelek (DFS = Deutsche Flugsicherung) in einem Interview mit dem SWR Politikmagazin „Zur Sache Rheinland-Pfalz“ vom 19.10.2017 zu erklären. Sie sagte, Zitat:

„… dass es keine Alternative dazu gebe, dass die Pfalz immer wieder als Gebiet zum Ablassen von Kerosin genutzt werde. Die Region sei dünn besiedelt und es gebe nur wenig Flugverkehr. Bei Starts vom Frankfurter Flughafen liege der Pfälzerwald deshalb am günstigsten.“

Nicht nur vom Flughafen Frankfurt aus, nein auch vom Hahn und aus Luxemburg kommt man hier her um Kerosin abzulassen!

Aber auch Eifel, Hunsrück und Westerwald sowie das Saarland sind von dieser Praxis betroffen!

2017 wurden über Deutschland 580 Tonnen Kerosin abgelassen   *).

2/3 der Kerosinmenge versprühte man über Rheinland-Pfalz:

    • 2017:  368 Tonnen – Anstieg gegenüber Vorjahr: 52,7 %
    • 2016:  241 Tonnen
    • 2015:  etwa halb so viel Kerosin wie 2016 !

Das Statistische Bundesamt verzeichnete in 2017 im Personen-Luftverkehr „nur“ einen Anstieg um 5,1 %. Bei der Luftfracht sind die Zahlen ähnlich.

Übrigens: Der gesamte gewerbliche Flugverkehr ist von der Kerosin-, Öko- und Umsatzsteuer befreit und ist, ebenso wie die Schifffahrt, von den Klimavereinbarungen ausgenommen!

Wie lässt sich der rasante Anstieg der abgelassenen Kerosinmenge nun erklären? Kosteneinsparungen bei der Wartung oder derzeit günstige Kerosinpreise …?

Ein Schutzgebiet, wie das Biosphärenreservat Pfälzerwald, wird von der DFS zur „bevorzugten Dumping Area“ ausgewählt um zig Tonnen Gift über dem „dünn besiedelten“ Gebiet abzulassen. Warum? Angeblich ist das, was am Boden ankommt doch vernachlässigbar, wie immer wieder betont wird.

So klar ist die Sache für den Toxikologen Bernd Kaina von der Uni Mainz nicht, denn er forderte im SWR Benzol-Messungen für die Pfalz, die es bisher nicht gebe, um Gefährdungen für die Bevölkerung auszuschließen und Sicherheit zu haben (SWR Aktuell vom 08.06.2017).

Markus Wahl, Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, ist dagegen ganz anderer Ansicht, Zitat:

„Der Pfälzerwald ist natürlich als großes, zusammenhängendes Waldgebiet recht dünn besiedelt. Und deswegen nimmt man den.“ Selbst wenn etwas vom Sprit unten ankäme, sei die Chance, dass man Menschen damit erreicht, „quasi nicht gegeben“.

Hier geht es aber um viel mehr! Denn niemand kennt die Auswirkungen auf Atmosphäre, Natur, Pflanzen, Insekten, Gewässer, den Boden oder unsere Gesundheit!

Die Vorfälle werden nicht veröffentlicht. Informationen zu Verdachtsfällen erhält man nur auf konkrete Anfrage bei der DFS. Die DFS muss lediglich das Bundesverkehrsministerium halbjährlich informieren. Eine Meldepflicht mit öffentlich zugänglichen Informationen ist deshalb zwingend notwendig, ebenso eine nachträgliche Prüfung, wie die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme, wie viel Kerosin tatsächlich abgelassen wurde und über welchem Gebiet!

Fuel Dumping, die einzige Lösung?

Nein, aber vielleicht die günstigste? Befasst man sich näher mit dem Thema „Fuel Dumping“, kommt man zu dem Ergebnis, dass Langstreckenflugzeuge auch mit vollen Tanks sicher landen können: „Overweight Landing“! Darauf weist z.B. Boeing in seiner Broschüre „Overweight Landing? Fuel Jettison? What to Consider“ hin. Es gibt schließlich auch Notfälle, z.B. medizinischer Art, bei denen keine Zeit zum Ablassen von Kerosin bleibt. Allerdings wird nach einer solchen Landung immer eine spezielle Inspektion notwendig, die zusätzliche Kosten und Ausfallzeiten verursacht.

Man darf also in Frage stellen, ob der Kerosinablass in allen Fällen notwendig war. Zumal der Pilot diese Entscheidung nach gewissen Vorgaben seiner Fluggesellschaft trifft. Das dürfte zur Folge haben, dass die kostengünstigste Lösung gewählt wird! Die Aufgabe der DFS besteht in einem solchen Fall lediglich darin, dem Piloten ein entsprechendes Gebiet zuzuweisen.

Was macht die Politik?

Es gibt Forderungen aus der Politik die Vorfälle öffentlich und zeitnah zu dokumentieren sowie ein Gutachten auf Basis von Messungen zu erstellen. Die Kosten für solch eine aussagekräftige Studie würden sich lt. Prof. Sausen vom DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) auf einen 7-8-stelligen Eurobetrag belaufen. Herr Mönch vom Bundesumweltamt hielt dagegen ein „intensives Literaturstudium“ für ausreichend, obwohl einige dieser Daten über 50 Jahre alt sind. Umweltministerin Höfken zog Labortests in Betracht.

Fakt ist: Es wird keine aussagekräftige Studie geben! Das Gutachten auf Basis vorhandener Literatur ist bereits in Auftrag gegeben. Ergebnisse werden bis Herbst 2018 erwartet. Die Kosten trägt der Steuerzahler.

Fazit: Eine positive Veränderung kann es nur geben, wenn sich an der bisherigen Praxis grundlegend etwas ändert. Was soll eine wenig vertrauenerweckende Studie bewirken, wenn weiterhin tonnenweise Kerosin über uns abgelassen wird? Wir brauchen greifbare Maßnahmen. Vielleicht muss Fuel Dumping einfach nur teuer werden!?

19.03.2018 (aes)


*) Quellen: Volksfreund 24.01.2018, Rheinpfalz vom 22.01.18